Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft

Die wesentlichen Vorschriften des deutschen Erbrechts finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wieder. Mit dem Tod des Erblassers tritt automatisch die Erbfolge ein. Es gilt dabei der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge, was bedeutet, dass der oder die Erben die Rechtsnachfolge in das gesamte Vermögen des Erblassers samt Verbindlichkeiten antreten. Die Erbschaft geht unmittelbar und von selbst auf den oder die Erben kraft Gesetzes über. Dies unabhängig davon, ob sich die Erbfolge nach einer Verfügung des Erblassers richtet oder die Erben nach gesetzlichen Vorschriften bestimmt werden.

Die zur Erbschaft berufene Person hat das Recht, die Erbschaft auszuschlagen. Die Ausschlagung kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Verbindlichkeiten aus dem Nachlass das Nachlassvermögen übersteigen. Man spricht von der Überschuldung des Nachlasses.

Die Ausschlagung muss innerhalb einer sechswöchigen Frist erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat und zudem weiß, ob er aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder einer Verfügung des Erblassers zur Erbschaft berufen ist. Ist der Erbe z.B. durch ein Testament berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntmachung des Testaments durch das Nachlassgericht.

Sofern der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Ausland aufhält, beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Monate.

Der Gesetzgeber hat zudem eine bestimmte Form für die Ausschlagung vorgesehen. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Dabei ist die Erklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Eine Ausschlagung durch einen Vertreter ist möglich, jedoch muss sich der Vertreter bei Abgabe der Erklärung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht zur Ausschlagung legitimieren. Bei Minderjährigen muss im Falle einer Ausschlagung die Unterscheidung getroffen werden, ob die minderjährigen Kinder direkt als Erben berufen sind oder erst aufgrund der Ausschlagung der Eltern Erben werden. Im ersteren Fall bedarf es neben der Einwilligung der Eltern zur Ausschlagung auch der Genehmigung des Familiengerichts. Im letztgenannten Fall ist die Genehmigung des Familiengerichts nicht notwendig, sodass die Eltern für Ihre minderjährigen Kinder die Ausschlagung wirksam abgeben können.

Sofern die Erbschaft wirksam ausgeschlagen ist, fällt sie demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Für diesen Erben beginnt die Ausschlagungsfrist von Neuem. Derjenige Erbe, der die Ausschlagungsfrist versäumt, bleibt auch Erbe, sofern es ihm nicht gelingt, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Jedoch ist die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft ebenso form- und fristgebunden und bedarf eines Anfechtungsgrundes.

Die Ausschlagung der Erbschaft kann zu Lebzeiten des Erblassers nicht erklärt werden. Es ist zudem nicht möglich, die Annahme und die Ausschlagung der Erbschaft auf einen Teil der Erbschaft zu beschränken. Eine dahingehend abgegebene Erklärung ist unwirksam.

Zudem kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie bereits angenommen hat. Für die Annahme der Erbschaft ist es nicht notwendig, dass der Erbe dies ausdrücklich erklärt. Auch durch schlüssiges Verhalten kann eine Erbschaft angenommen werden. Es ist daher einem Erben, der sich nicht sicher ist, ob er noch ausschlagen möchte, unbedingt anzuraten, sich zeitnah über die rechtlichen Konsequenzen seines Handelns zu informieren.

Markus Pferinger
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