Dauerbrenner Überstunden

Das Thema Überstunden birgt seit jeher ein erhebliches Konflikt- und Streitpotential. Der Arbeitgeber ist in der Regel darin interessiert, auf die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter auch über die normalen Arbeitszeiten hinaus zugreifen zu können, wenn besondere betriebliche Situationen, z.B. Termindruck, dies erfordern. Umgekehrt wollen die Arbeitnehmer unvorhersehbare Eingriffe in ihre Freizeitgestaltung und ihr Familienleben möglichst vermeiden. In einem gut funktionierenden Arbeitsverhältnis ist ein angemessener Ausgleich dieser beiderseitigen Interessen in der Regel kein Problem.

Schwierig sind die Fälle, in denen es keine klaren Vereinbarungen und Spielregeln über die Ableistung und Vergütung von Überstunden gibt. Häufig ist festzustellen, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere auf arbeitgeberseitige Veranlassung, rückwirkend bis zur Verjährungsgrenze ein finanzieller Ausgleich für geleistete, bis dorthin aber noch nicht vergütete Überstunden gefordert wird.

Die Anforderungen, die die Arbeitsgerichte an die Darlegung und den Nachweis der Berechtigung solcher Forderungen stellen, sind hoch. Häufig scheitern solche Prozesse zu Lasten der Arbeitnehmer, weil die Ableistung der Überstunden nicht hinreichend dokumentiert und die Anordnung oder Genehmigung durch den Arbeitgeber nicht bewiesen werden kann. Hinzu kommt, dass in Arbeitsverträgen vielfach vereinbart ist, dass mit dem vereinbarten monatlichen Entgelt auch die Vergütung für geleistete Überstunden mit abgegolten ist.

Bereits vor einiger Zeit hatte das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass solche Pauschalabreden unwirksam sind, wenn nicht die konkrete Anzahl der abgegoltenen Überstunden ausdrücklich genannt ist.

Mit zwei Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht nun eine neue Facette ins Spiel gebracht. Danach soll die Zulässigkeit einer pauschalen Abgeltung von Überstunden davon abhängen, ob angesichts der Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts die Leistung von Überstunden nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten ist oder nicht.

In der einen Entscheidung war ein Jahresgehalt des Arbeitnehmers von € 80.000,- vereinbart. Hier vertrat das BAG die Auffassung, dass angesichts der Höhe dieses Entgelts die unentgeltliche Ableistung von Überstunden zu erwarten war.

Im zweiten Fall wurde genau umgekehrt entschieden. Dort betrug die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers € 1.800,- brutto. Hier war die Ableistung von Überstunden nur gegen zusätzliches Entgelt zu erwarten, weil der Arbeitnehmer kein „herausgehobenes“ Entgelt bezog.

Zusammengefasst kann deshalb nur der Rat gegeben werden, rechtzeitig zu regeln, unter welchen Voraussetzungen Überstunden abzuleisten und zu vergüten sind. So können Konflikte vermieden werden, die das Arbeitsverhältnis unnötig belasten.

Harald Schwarz
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