Schulden, und was dann?

Die Tatsachen sind grundsätzlich bekannt: Millionen von Haushalten bzw. Privatpersonen sind überschuldet und kommen mit der vorhandenen Schuldenlast nicht mehr zurecht. Gründe dafür sind z. B. der Kauf auf Pump in Form eines Abzahlungsvertrages, hohe Handyrechnungen, Bestellungen bei Versandhäusern und vieles mehr. Was tun, wenn der Gerichtsvollzieher im Wochenrhythmus Vollstreckungsbescheide und Pfändungen zustellt oder Teilzahlungen einfordert?

Einen Ausweg aus der an sich auswegslosen Situation bietet das Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung.

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 01.01.1999 das Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt. Dies eröffnet auch Privatpersonen, im Falle der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren durchzuführen. Neu ist dabei weniger das Insolvenzverfahren an sich. Entscheidend ist vielmehr die nach Durchführung des Insolvenzverfahrens zu erlangende Restschuldbefreiung.

Zunächst muss der Schuldner ein so genanntes außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchführen. Dafür muss er alle Gläubiger anschreiben und den Gläubigern einen Plan vorlegen, wie er seine Schulden bedienen bzw. diese tilgen kann. Wird der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan von nur einem Gläubiger abgelehnt, ist er gescheitert. Der Schuldner ist dann berechtigt, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie auf Erteilung der Restschuldbefreiung zu stellen.

Auf umfangreichen Formularen müssen dafür die persönlichen Lebensumstände sowie die Vermögenssituation vollumfänglich offen gelegt werden. Bei der Angabe der Vermögensverhältnisse darf kein Vermögen verschwiegen werden. Es drohen strafrechtliche Konsequenzen sowie die Versagung der Restschuldbefreiung. Es empfiehlt sich daher für den Schuldner nicht, Vermögen zu verschweigen oder an Angehörige oder Freunde zu übertragen, um sie den Gläubigern zu entziehen. In Zweifelsfragen und bei unübersichtlichen Vermögensverhältnissen sollte auf jeden Fall Rechtsrat eingeholt werden. Im Insolvenzverfahren wird dann das gesamte pfändbare Vermögen zu Gunsten der Gläubiger verwertet.

Gleichzeitig – und dass ist das wesentliche Merkmal des Verfahrens – läuft ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens die so genannte Wohlverhaltensperiode. Diese Wohlverhaltensperiode dauert grundsätzlich insgesamt sechs Jahre. In der Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner alles, was er über den Pfändungsfreigrenzen verdient, an einen so genannten Treuhänder abführen. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern sind unzulässig. In der Wohlverhaltensperiode unterliegt der Schuldner erhöhten Pflichten. Er darf z. B. nicht einfach darauf verzichten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bei Verstößen gegen diese Obliegenheiten riskiert der Schuldner die Versagung der Restschuldbefreiung.

Hat der Schuldner die Wohlverhaltensperiode überstanden und alle Pflichten erfüllt, wird die Restschuldbefreiung per Gerichtsbeschluss erteilt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich alle dann noch bestehenden Schulden entfallen. Es gibt aber empfindliche Ausnahmen. Nicht unter die Restschuldbefreiung fallen z. B. Bußgelder, Säumniszuschläge des Finanzamtes und andere Geldstrafen.

Bestehen die Schulden im Wesentlichen aus solchen Verbindlichkeiten, macht die Durchführung der Verbraucherinsolvenz normalerweise wenig Sinn. Es ist deshalb vorab sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich mit Durchlaufen der Restschuldbefreiung alle Schulden getilgt sind.

Ist das Verfahren erfolgreich beendet, hat der Schuldner noch die Verfahrenskosten zu tragen. Diese werden üblicherweise bis zur Beendigung der Restschuldbefreiung gestundet. Kostenfrei wird die Restschuldbefreiung vom Staat nicht erteilt. Die Kosten einer Rechtsberatung im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Schuldenbereinigung sowie mit der Stellung des Insolvenzantrages werden, soweit der Schuldner vermögenslos ist, über die Beratungshilfe vom Staat getragen. Der Schuldner kann sich bei seinem örtlichen Amtsgericht einen so genannten Beratungshilfeschein für Verbraucherinsolvenzen besorgen und damit zum Anwalt gehen.

Dr. Malte Schwertmann
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