Gemäß § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB muss die Aufklärung des Patienten beispielsweise im Hinblick auf eine anstehende Operation „so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann“.
Doch was bedeutet „rechtzeitig“?
Ist die Operation zwar dringlich, jedoch nicht unbedingt sofort durchzuführen, so muss dem Patienten zwischen dem Aufklärungsgespräch zwischen Patienten und Arzt und der tatsächlichen Einwilligung des Patienten zur Operation, eine nach den Umständen angemessene Bedenkzeit gelassen werden.
Wird ein Patient unmittelbar im Anschluss an die Aufklärung zur Unterschrift unter die Einwilligungserklärung gedrängt, ist die Entscheidungsfreiheit des Patienten unzulässig verkürzt. Die den Eingriff durchführenden Ärzte müssen sich zumindest vor dem Eingriff davon überzeugen, dass die Einwilligungserklärung nach wie vor, dem freien Willen des Patienten entspricht (OLG Köln, Urteil v. 16.01.2019, 5 U 29/17).
Der Behandelnde benötigt für Maßnahmen, insbesondere Eingriffe, die Einwilligung des Patienten nach entsprechender Aufklärung. Fehlt die wirksame Einwilligung, so macht sich der behandelnde Arzt schadensersatzpflichtig.
Zu einer wirksamen Einwilligung gehört ebenso eine ausreichende Bedenkzeit, die dem Patienten eingeräumt werden muss.
Tatsächlich ist es für den Patienten nicht einfach, die Vielzahl von Informationen, die er beim Aufklärungsgespräch erhält, sofort zu verarbeiten und zu überdenken. Deshalb gilt: Je schwerwiegender ein Eingriff ist, bzw. je größer das Risiko und die Komplikationen wären, desto schwieriger ist es für den Patienten, die Informationen an Fülle zu erfassen. Aufgrund dessen ist ihm eine angemessene Zeit einzuräumen, um die bevorstehende Operation zu überdenken, bevor er seine Einwilligung erteilt.
Strikte Vorgaben gibt es jedoch nicht. Weder der Gesetzgeber, noch die Ärztekammern, haben feste Regelungen bezüglich der Bedenkzeit festgesetzt. Dies sind Einzelfallentscheidungen, die vom Arzt zu treffen sind. Kriterien für die Bemessung einer angemessenen Zeit sind beispielsweise Dringlichkeit, Schwere des Eingriffs, Risiken, Komplikationen, aber auch die physische und psychische Verfassung des Patienten.
Führt der Arzt, aufgrund erheblichen Zeitdrucks, das Aufklärungsgespräch erst am Tag der Operation, oder, noch während der OP-Vorbereitung, ist dies grundsätzlich verspätet.
Um ausreichend Zeit zu gewährleisten, sollte dem Patienten zunächst das Aufklärungs- und Einwilligungsformular ausgehändigt werden, damit dieser Zeit hat, sich das Formular durchzulesen und über etwaige Fragen seinerseits nachzudenken.
Weiterhin wird ein stationär aufgenommener Patient in der Regel einen Tag vor der Operation aufgeklärt. Dies kann jedoch variieren.
Der behandelnde Arzt, bzw. die Klinik, können mit dem Patienten individuell vereinbaren, wann das Gespräch vor der Operation stattfinden soll. Auch der Patient sollte keine Scheu davor haben, mitzuteilen, wenn ihm die vorgeschlagene Bedenkzeit nicht ausreicht.
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