Gericht schützt Arbeitnehmer vor übereilter Kündigung

Ein Arbeitnehmer, der sein bestehendes Arbeitsverhältnis selbst beendet, hat sich diesen Schritt in der Regel gut überlegt.

In den häufigsten Fällen ist ein neues Arbeitsverhältnis mit besseren Konditionen der Grund für diese Entscheidung. Nicht selten kommt es dann vor, dass das noch bestehende „alte“ Arbeitsverhältnis telefonisch, per E-Mail, Fax, WhatsApp oder durch Nutzung von sozialen Netzwerken gekündigt wird.

Doch wie verhält es sich, wenn der Grund der Eigenkündigung des Arbeitnehmers nachträglich wegfällt, wenn beispielsweise das neue Arbeitsverhältnis doch nicht zustande kommt oder aber der Arbeitnehmer plötzlich Informationen über den neuen Arbeitgeber erhält und seine Entscheidung, das alte Arbeitsverhältnis gekündigt zu haben, bereut?

Eine einmal ausgesprochene Kündigung kann nicht einfach so „zurückgenommen“ werden. Möchte der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich rückgängig machen, dann geht das grundsätzlich nur mit der Zustimmung des ursprünglichen Arbeitgebers.

Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn die Kündigung einen formalen Fehler enthält, den weder der Arbeitnehmer, noch der Arbeitgeber bemerkt hat.

Nach dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.09.2017 kann der Arbeitnehmer einen solchen formalen Fehler, der zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, auch noch Monate nach Ausspruch der Kündigung gerichtlich geltend machen (BAG Urteil v. 21.09.2017, Az: 2 AZR 57/17).

Das BAG hatte über den Fall einer an Schizophrenie leidenden Verwaltungsfachangestellten und deren ordentlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden. Die Verwaltungsangestellte sprach die Kündigung des eigenen Arbeitsverhältnisses unter Wahrung der Kündigungsfrist aus. Während der laufenden Kündigungsfrist wurde eine Betreuerin für die Verwaltungsangestelte bestellt, die der Ansicht war, dass sie bei Ausspruch der Kündigung nicht geschäftsfähig war. Nachdem insgesamt neun Monate verstrichen waren, erhob die Betreuerin Klage vor dem Arbeitsgericht und beantragte die Feststellung, dass die Eigenkündigung der Arbeitnehmerin unwirksam sei und das ursprüngliche Arbeitsverhältnis fortbestehe.

Das BAG gab der Klage statt. Das Gericht stellte klar, dass Beschäftigte grundsätzlich keine Frist zu beachten haben, wenn sie die Unwirksamkeit ihrer Eigenkündigung gerichtlich geltend machen wollen. Insbesondere sei die im Kündigungsschutzgesetz für Kündigungen des Arbeitgebers vorgesehene Drei-Wochen-Frist zur Erhebung einer Feststellungsklage weder unmittelbar noch analog anwendbar.

Allein der Umstand, dass die Betreuerin mehrere Monate mit der Klage abgewartet hatte, führe auch nicht zu einer Verwirkung. Eine Verwirkung läge nur dann vor, wenn die kündigende Verwaltungsangestellte bei dem „alten Arbeitgeber das berechtigte Vertrauen geweckt hätte, die Kündigung in jedem Fall gegen sich gelten zu lassen“.

Die Entscheidung ist nicht nur bei einer Geschäftsunfähigkeit des Arbeitnehmers von Bedeutung. Sie ist gerade von großer Relevanz, wenn erklärte Kündigungen nicht der Schriftform entsprechen, sondern per Fax oder E-Mail erklärt werden.

In Fällen, in denen ein Arbeitnehmer bereut, sein Arbeitsverhältnis selbst gekündigt zuhaben, sollte er in jedem Fall die Wirksamkeit seiner Eigenkündigung durch einen Rechtsanwalt prüfen lassen. Das jüngste Urteil des BAG kann jedenfalls unter Umständen den alten Arbeitsplatz retten.