Pflicht zur Arbeit im Home-Office?

Für viele Arbeitnehmer kann das Arbeiten zuhause attraktiv sein: das Home-Office spart Wegezeiten, Kosten für ein Auto oder den öffentlichen Nahverkehr, ermöglicht flexiblere Arbeitszeiten und kann dazu beitragen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Gerade junge Leute und Familien können sich daher eine (ergänzende) Tätigkeit im Home-Office gut vorstellen.

Muss ein Arbeitnehmer aber auch nachgeben und sich von seinem betrieblichen Arbeitsplatz verabschieden, wenn sein Arbeitgeber einseitig die Arbeit im Home- Office anordnet?

Der Arbeitgeber ist nach § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung berechtigt, den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung „nach billigem Ermessen“ einseitig zu bestimmen. Man nennt dies auch „Weisungs- oder Direktionsrecht“. Dies gilt unter der Vorrausetzung, dass die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, durch Betriebsvereinbarungen, einen Tarifvertrag oder das Gesetz anderweitig festgelegt sind. In vielen Arbeitsverträgen fehlen solche detaillierten Festlegungen zum Arbeitsort, so dass im Allgemeinen der Arbeitgeber ein sehr weitgehendes Weisungsrecht in Bezug auf den Ort der Arbeitsleistung hat. Theoretisch können alle Arbeitsorte innerhalb Deutschlands zugewiesen werden, wenn die Interessen des Arbeitnehmers fair berücksichtigt wurden.

Wie sieht es aber mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus, den Arbeitnehmer zu einer Arbeit im Homeoffice zu verpflichten? In unserer hoch digitalisierten Welt ist es mittlerweile möglich, Schreibtischtätigkeiten an fast jedem beliebigen Ort durchzuführen. Die Arbeitsergebnisse sind in der Regel nicht davon abhängig, wo die Arbeit am Bildschirm verrichtet wird, so dass es für den Arbeitgeber zum Teil keinen Unterschied macht, ob er im Betrieb einen Arbeitsplatz bereit hält oder den Mitarbeiter zuhause arbeiten lässt.

Im November 2018 hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einen Fall zu entscheiden, in dem sich der Arbeitnehmer allerdings weigerte, Telearbeit im Heimbüro zu erledigen. Und das Gericht entschied auch im Sinne des Klägers, dass eine solche Weisung nicht von § 106 GewO gedeckt sei. Die Richter sahen es als durchaus gerechtfertigt an, wenn ein Arbeitnehmer das soziale und kollegiale Miteinander im Berufsalltag nicht durch die abgeschottete Anonymität im Home-Office tauschen wolle.

Es wertete die Tätigkeit im Heimbüro als durchaus abweichend von einer Tätigkeit im Betrieb: so lasse beispielsweise die Arbeit im Home-Office nicht nur das kollegiale Miteinander im Betrieb entfallen, sondern auch die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Der Arbeitnehmer, welcher von Zuhause aus arbeite, müsse mehr Selbstdisziplin aufbringen und verliere den unmittelbaren Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten. Die Tätigkeit am heimischen Schreibtisch verändere nicht nur den Ort der Arbeit, sondern auch deren Inhalt und die Umstände der Arbeitsleistung an sich.

Folgerichtig entschied das Landesarbeitsgericht, dass für eine solche Arbeitsform stets eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung erforderlich sei, wenn keine Rechtsgrundlage in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vorliege.

Wenn daher die Arbeitsvertragsparteien die Arbeit in ein Home-Office verlegen möchten, so sollte hierrüber eine getrennte Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag aufgesetzt werden, die beiderseits innerhalb einer festgelegten Frist kündbar ist.