„Die Coronamaßnahmen müssen verhältnismäßig sein“. Diesen Satz hört man derzeit ständig. Aber was genau bedeutet er eigentlich?
Schränkt der Gesetzgeber unsere Grundrechte ein, ist er dabei nicht völlig frei, sondern unterliegt seinerseits Beschränkungen. Eine dieser Beschränkungen ist die Verhältnismäßigkeit. Alle staatlichen Grundrechtseingriffe und damit auch jede Coronamaßnahme müssen sich also am Maßstab der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dabei grundsätzlich voll gerichtlich überprüfbar.
Was prüft ein Gericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeit?
Eine Maßnahme ist dann verhältnismäßig, wenn sie zunächst einem legitimen Zweck dient und insoweit geeignet, erforderlich und angemessen ist, diesen Zweck auch zu erreichen.
Ziel der Coronaregelungen ist der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Dies ist ein legitimes Ziel.
Eine konkrete Maßnahme ist geeignet, wenn sie dem verfolgten Ziel förderlich ist. Dies ist bei den Coronaregelungen der Fall.
Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn dem Gesetzgeber kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Zweckerreichung zur Verfügung steht. Kommt grundsätzlich ein anderes Mittel in Betracht, ist ein Vergleich der Effektivität beider Mittel zur Zweckerreichung vorzunehmen. Das aktuelle Infektionsgeschehen ist sehr dynamisch. Deshalb muss ständig überprüft werden, ob die Coronamaßnahmen (noch) erforderlich sind oder ob mehr oder weniger weitreichende Maßnahmen ergriffen werden können und müssen. Diese Beurteilung kann sich damit auch im Laufe der Pandemie verändern.
Um insgesamt verhältnismäßig zu sein, muss die Maßnahme schließlich auch angemessen sein. Das ist der Fall, wenn die den Einzelnen treffende Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Mit anderen Worten: Je schwerwiegender eine Grundrechtseinschränkung ist, desto gewichtiger muss auch das mit der Regelung zu erreichende Ziel sein. Die Angemessenheitsprüfung verlangt mithin eine umfangreiche Interessensabwägung. Für einzelne Lebensbereiche wird daher diese Interessenabwägung unterschiedlich ausfallen.
Die Prüfung, ob diese Grundrechtseingriffe angemessen sind, obliegt den Gerichten, insbesondere dem Verwaltungsgericht und in Bayern dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
Gerichtsentscheidungen ergehen da, wo Rechtsschutz auch ergriffen wird. Dabei sind wir Ihnen als Rechtsanwälte gerne behilflich.
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