Regelmäßig betrachtet die Finanzverwaltung sämtliche Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter, deren Verkauf unter die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) fällt.
Diesen pauschalen Ansatz teilt das Finanzgericht Nürnberg, Beschluss vom 08.04.2020 – 3 V 1239/19, nicht. Im Kern führt das Finanzgericht Nürnberg aus, dass je nach den Einzelheiten der technischen Abläufe der Kryptowährung zu beurteilen ist, ob es sich überhaupt um ein Wirtschaftsgut handelt. So kann möglicherweise eine konkrete Kryptowährung ein Wirtschaftsgut darstellen und somit ihr Verkauf einen Besteuerungstatbestand erfüllen, eine bestimmte Kryptowährung muss aber nicht zwangsläufig ein Wirtschaftsgut sein.
Als Wirtschaftsgüter werden sowohl Sachen und Rechte erfasst als auch wirtschaftliche Werte jeder Art, also tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile, die einer Bewertung zugänglich sind, so der Bundesfinanzhof im Jahre 1978.
Auf Wikipedia findet sich derzeit eine Liste von über 100 Kryptowährungen mit der größten Marktkapitalisierung und ihren Eigenschaften. Eine neue Kryptowährung kann jederzeit erschaffen werden. Die Finanzverwaltung muss also wohl in Zukunft in Bezug auf jegliche Kryptowährungen eine genaue Prüfung der technischen Abläufe vornehmen. Erwartbar ist, dass es Verwaltungsanweisungen des Bundesministeriums der Finanzen für die gängigen Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether etc. geben wird. Letzlich wird wohl der Bundesfinanzhof entscheiden. Die gängige Praxis der Finanzverwaltung aber, sämtliche Kryptowährungen über einen Kamm zu scheren, dürfte beendet sein.
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