Die Strafbarkeit der Impfpassfälschung

Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben Impfnachweise für Bürger enorm an Bedeutung gewonnen. Dies führte auch dazu, dass Impfpässe vermehrt gefälscht und in Umlauf gebracht wurden. Die Landeskriminalämter gehen von einer erheblich gestiegenen Anzahl von gefälschten Impfpässen und einem noch viel größeren Dunkelfeld aus.

Für die vergangene, bis zum 23. November 2021 geltende Rechtslage ist umstritten, ob die Vorlage eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke, um sodann ein digitales EU-Impfzertifikat zu erlangen, strafbar ist.

Zwar war auch vor dem 24. November 2021 das Fälschen, Ausstellen und der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse mit Strafe bedroht. Nach der alten Rechtslage setzte jedoch die Strafbarkeit voraus, dass ein derartiges Gesundheitszeugnis zur Täuschung bei einer Behörde oder Versicherung eingesetzt wurde. Die Fälle, in denen Menschen ihren gefälschten Impfpass in der Apotheke vorzeigten, waren damit nach diesen Vorschriften nicht kriminalisiert. Eine Apotheke ist ein privates Unternehmen und keine Behörde.

Das OLG Celle (Az.: 1 Ss 6/22) hat nun jedoch mit Urteil vom 31. Mai 2022 entschieden, dass die Impfpassfälschung auch vor dem 24. November 2021 unter Strafe gestellt war. Menschen, die vor diesem Zeitpunkt einen gefälschten Impfausweis in der Apotheke vorlegten, um so ein digitales EU-Impfzertifikat zu erlangen, haben sich zwar nicht des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafbar gemacht, jedoch der Urkundenfälschung gemäß § 276 StGB. Auch das OLG Stuttgart und das OLG Hamburg teilen diese Rechtsauffassung. Die Urkundenfälschung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Jedoch ist die Rechtsprechung für Fälle der Impfpassfälschung vor dem 24. November 2021 uneinheitlich. Eine Klärung durch den BGH wäre wünschenswert und steht noch aus. Da gerade in Bayern gerichtliche Entscheidungen in bestimmen Konstellationen die Straflosigkeit der Impfpassfälschungen vor dem 24. November 2021 festgestellt haben, ist hier die Konsultation eines Strafverteidigers sinnvoll.

Der Gesetzgeber hat mittlerweile reagiert und die bestehende Rechtsunsicherheit für die Zukunft beseitigt: Am 22. November 2021 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weitere Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite beschlossen. Die Zielsetzung der Gesetzgebung in Bezug auf Impfpassfälschungen bestand darin, die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs im Umgang mit Gesundheitszeugnissen zu gewährleisten.

Seit dem 24. November 2021 ist das Fälschen von Impfpässen damit zweifelsfrei strafbar.

Soweit die Impfpassfälschungen gewerbsmäßig begangen werden oder der Täter als Mitglied einer Bande agiert, die sich zur fortgesetzten Begehung von Impfpassfälschungen verbunden hat, drohen verschärfte Strafen. Auch Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, die Gesundheitszeugnisse verfälschen, haben mit erhöhten Strafen zu rechnen.

Eine Impfpassfälschung kann jedoch nicht nur strafrechtlich relevante Folgen nach sich ziehen.

So hat beispielsweise das Arbeitsgericht Köln mit Urteil vom 23. März 2022 (Az.: 18 Ca 6830/21) entschieden, dass ein gefälschter Impfpass auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Der Versuch eines Arbeitnehmers, gefälschte Nachweise zu nutzen, belege laut Arbeitsgericht Köln, dass er bereit sei, alle Arbeitnehmer, mit denen er in Kontakt steht, vorsätzlich in ihrer Gesundheit zu gefährden. Dies stelle einen besonders gewichtigen Vertrauensbruch dar, der eine vorherige Abmahnung entbehrlich machen könne.

Ungeachtet des moralischen Aspekts und der nachteilhaften Auswirkungen auf die Bekämpfung des Infektionsgeschehens bleibt im Ergebnis festzustellen, dass vor dem Hintergrund der rechtlichen Konsequenzen von der Fälschung eines Impfpasses jedenfalls abzuraten ist.

Anna Strobel
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