Geminderte Miete in Zeiten von Corona- nun entscheidet der BGH

Die Läden sind geschlossen. Die Gerichte urteilen weiter. In meinem Beitrag „Mietminderung wegen Corona-Schließung“ hatte ich das zum 31.12.2021 neu erlassene Gesetz vorgestellt, welches Mietminderungen während der Pandemie erleichtern soll. In meinem Beitrag „Gewerbemietrecht und Covid-19-Pandemie“ stellte ich das Urteil des Landgericht München I vom 25.01.2021 vor, in dem dieses neue Gesetz anwendet wird, eine Mietminderung aber abgelehnt wurde. In diesem dritten Beitrag geht es um zwei Entscheidungen von Oberlandesgerichten von diesem Mittwoch, 24.02.2021, die bei gleichem Sachverhalt die Rechtslage unterschiedlich beurteilen. Mein zukünftiger Beitrag wird sich folglich mit der finalen Entscheidung des Bundesgerichtshofs befassen, die endlich Rechtssicherheit bringen wird.

Ein Sachverhalt, zwei Rechtsansichten

Das OLG Dresden bejahte mit Urteil vom 24.02.2021, Az. 5 U 1782/20, das Recht zur Mietminderung. Die Beklagte, die deutschlandweit eine Kette im Textilhandel betreibt, hat die Miete für den Monat April 2020 nicht gezahlt. Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung sei von einer Störung der Geschäftsgrundlage auszugehen, die eine Anpassung des Mietvertrages erforderlich mache. Dazu sei eine Reduzierung der Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte geboten. Dies sei gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei daher im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf Mieter und Vermieter aufzuteilen.

Das OLG Karlsruhe entschied mit Urteil vom 24.02.2021, Az. 7 U 109/20, über den gleichen Sachverhalt. Dieselbe Beklagte wie in dem Verfahren vor dem OLG Dresden hatte die Miete für den Monat April 2020 nicht gezahlt, nur lag die Filiale im Zuständigkeitsbereich des OLG Karlsruhe. Das OLG Karlsruhe lehnte eine Mietminderung ab. Mietern sei es nur dann wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar, den vollständigen Mietzins zu zahlen, wenn ihre Inanspruchnahme ihre Existenz vernichten oder ihr wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermietenden eine Vertragsanpassung erlaube. Dafür müssten die Umstände im Einzelnen geprüft werden, unter anderem: Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware. Solche besonderen Umstände habe die Beklagte nicht ausreichend geltend gemacht.

Einordnung

Das OLG Karlsruhe will eine Überkompensation vermeiden. Bekommt der Mieter bereits anderweitig finanzielle Entlastung (Kurzarbeit, staatliche Überbrückungshilfen), so ist dies bei der Mietminderung zu berücksichtigen. Nachdem das Verbot der Überkompensation sich als Grundsatz durch das Bürgerliche Gesetzbuch zieht, wage ich die Prognose, dass der Bundesgerichtshof diesen Gedanken aufgreifen wird.

Dr. Johannes Kalb
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