Erbe wider Willen

Nicht immer ist das Erbe mit einem Vermögenszuwachs verbunden. Gelegentlich kommt es auch vor, dass der Nachlass überschuldet ist und man vielmehr Schulden als Vermögen erbt. In diesem Fall sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, gemäß § 1942 ff. BGB die Erbschaft auszuschlagen. Grundsätzlich hat der Erbe hierzu 6 Wochen Zeit.

Die 6-Wochen-Frist gemäß § 1944 BGB beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe vom Tod des Verstorbenen sowie seiner Stellung als Erbe Kenntnis erlangt hat. Dies ist in der Regel mit dem Schreiben des Nachlassgerichts, in dem der Erbe über seine Erbenstellung informiert wird, der Fall.

Das Nachlassgericht informiert jedoch nur darüber, dass man Erbe geworden ist. Die Höhe der Erbschaft und ob ggf. die Erbschaft überschuldet ist, wird dem Erben nicht mitgeteilt. Der Erbe muss sich daher nach Erhalt des Schreibens des Nachlassgerichts selbst darüber informieren, ob die Erbschaft werthaltig ist oder ob ein überschuldeter Nachlass vorliegt.

Erste Anlaufstelle hierfür dürften Banken sein, bei denen der Kontostand des Verstorbenen erfragt werden kann. Doch hier ist Vorsicht geboten. Gemäß § 1943 BGB kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat. Die Annahme der Erbschaft muss nicht ausdrücklich gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Vielmehr kann ein Erbe eine Erbschaft auch dann annehmen, wenn er sie nicht binnen der oben aufgeführten Frist von 6 Wochen form- und fristgemäß ausgeschlagen hat.

Darüber hinaus kann eine Erbschaft jedoch auch durch ein entsprechend schlüssiges Verhalten und Auftreten des Erben angenommen werden. Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz führt dazu, dass der Erbe das Erbe annimmt, wenn er durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er endgültig Erbe ist und bleiben will.

Höchst umstritten ist, welche Handlungen bereits zu einer konkludenten Annahme der Erbschaft führen und welche nicht. Hiermit müssen sich des Öfteren Gerichte befassen. Zwischenzeitlich anerkannt ist, dass allein die Ausrichtung der Beerdigung und Bezahlung der Beerdigungskosten noch keine Annahme der Erbschaft darstellt, auch wenn die Beerdigungskosten vom Konto des Verstorbenen bezahlt werden.

Allerdings stellt es bereits eine Annahme der Erbschaft dar, wenn man das im Nachlass befindliche Grundstück zum Verkauf anbietet. Ebenfalls wenn hierzu ein Makler beauftragt wird.

Auch der Antrag ein Nachlassinsolvenzverfahren zu eröffnen stellt bereits eine Annahme der Erbschaft dar. Ebenso der Verzicht auf Nachlassschulden sowie der Verkauf und die Übertragung von Nachlassgegenständen.

Sollte man daher bereits nach dem Tod zwischen den Verwandten Erinnerungsstücke aufteilen und verteilen, könnte dies bereits eine konkludente Annahme der Erbschaft darstellen, nach der der Erbe nicht mehr berechtigt wäre die Erbschaft auszuschlagen.

Sollte sich dann später herausstellen, dass der Nachlass überschuldet ist, steht nur noch der rechtlich unsicherere Weg einer Anfechtung der Erbschaftsannahme im Raum.

Scheidet auch diese Möglichkeit aus, kann der Erbe nur noch versuchen durch Betreiben einer Nachlassinsolvenz oder eines Aufgebotsverfahrens die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass zu beschränken. Dies ist notwendig, da ein Erbe für geerbte Schulden grundsätzlich nach dem Gesetzeswortlaut nicht nur mit dem Erbe haftet, sondern auch mit seinem eigenen Privatvermögen.

Sollten Sie daher vom Nachlassgericht über eine Erbschaft informiert werden, raten wir eine sorgsame Prüfung an.

Ellen Sandfuchs
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