Gewährleistung beim Handelskauf – Umfang der Untersuchungsobliegenheit

Der Handelskauf stellt besondere Handlungsgebote an den Käufer. Der Käufer hat gemäß § 377 Abs. 1 HGB unverzüglich eine Untersuchung der gelieferten Ware vorzunehmen und festgestellte Mängel unverzüglich bei dem Verkäufer zu rügen. Wird nicht rechtzeitig untersucht und anschließend gerügt, verliert der Käufer seine Gewährleistungsrechte. Diese gesetzlichen Vorschriften über die Mängelrüge dienen in erster Linie den Interessen des Verkäufers, der nach Möglichkeit davor geschützt werden soll, sich längere Zeit nach der Lieferung durch die Untersuchung vermeidbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen.

Oftmals verschärfen Verkäufer die gesetzlichen Vorschriften über die Mängelrüge noch vertraglich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.12.2017 – Az.: VIII ZR 246/16, darf diese vertragliche Verschärfung nicht überspannt werden. Im entschiedenen Fall hatte der Verkäufer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, dass der Käufer geliefertes Futtermittel pauschal und ohne konkreten Anlass durch ein Labor auf Verunreinigungen untersuchen lassen muss, anderenfalls die Ware genehmigt ist und keine Gewährleistungsrechte bestehen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist eine solche weite Klausel, die dem Käufer eine umfassende und anlasslose Untersuchung abfordert, unwirksam. Sie entlaste den Verkäufer zu weitgehend von seinen Pflichten, der schließlich zur Lieferung einer mangelfreien Ware verpflichtet sei. Zudem hätte eine Laboruntersuchung drei bis vier Wochen je Lieferung gedauert, dies sei dem Käufer nicht zumutbar. Denn in der Konsequenz hätte der Käufer das Futtermittel diese drei bis vier Wochen unverarbeitet zwischenlagern müssen, bis das Ergebnis der Labores vorliegt.

Eine Einzelfallentscheidung, die aber Leitlinien aufzeigt. Die Untersuchungspflicht darf nicht soweit auf den Käufer umgelegt werden, dass der Verkäufer in der Praxis von seiner primären rechtliche Verantwortung für die Mangelfreiheit vollkommen entlastet wird.

Dr. Johannes Kalb
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