Hauptstrafe Führerscheinentzug?

Mit Nachdruck scheint die aktuelle Bundesregierung das Ziel zu verfolgen, den Führerscheinentzug zur Hauptstrafe zu machen. Aktuell ist es den Gerichten nur möglich, Geld- oder Freiheitsstrafen zu verhängen. Lediglich als sogenannte Nebenstrafe oder als Maßregel sind Maßnahmen möglich, die das Führen eines Kraftfahrzeugs zeitlich oder dem Grunde nach einschränken oder verbieten.

Bislang ist es lediglich bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs möglich, solche gerade für Menschen, die nicht in Großstädten wohnen, einschneidenden Maßnahmen quasi nebenbei „mitzuverhängen“. Dies ist insbesondere dann bei der Verurteilung anzutreffen, wenn es sich um die Straftatbestände des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, einer Straßenverkehrsgefährdung oder auch einer Trunkenheitsfahrt handelt. Hier soll allerdings zunächst nicht bestraft werden, sondern ein präventiver Charakter zu Tage treten: Derjenige, der sich nicht an die Regeln im Straßenverkehr gehalten hat, soll durch den Denkzettel in Zukunft aufmerksamer und regelkonformer fahren.

Der Präventionsgedanke wird bei den schweren Eingriffen gegen die Regeln des Straßenverkehrs noch deutlicher, denn dort sieht das Gesetz im Regelfall vor, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird. Das bedeutet, dass nicht nur ein zeitliches Fahrverbot verhängt wird, sondern bis zu einer möglichen Neuerteilung des Führerscheins gar kein Kraftfahrzeug mehr geführt werden darf.

Die neuen Regelungen sollen allerdings diesen nicht mehr präventiv sein. Vielmehr plant der Gesetzgeber, als echte Sanktion Führerscheinmaßnahmen als Strafe zu verhängen. Dass dies für Berufskraftfahrer und Menschen, sonst dringend auf ihr Kraftfahrzeug angewiesen sind, ein deutlich schwerwiegenderer Eingriff ist, als dies beispielsweise für einen Großstadtstraftäter, liegt auf der Hand. Daher ist es wichtig, sich gerade für die noch nicht höchstrichterlich entschiedene Konstellation qualifizierten rechtlichen Beistand zu holen, damit man nicht ein „Versuchskaninchen“ der neuen Gesetzgebung wird.

Und die Argumentation gegen die neue Hauptstrafe ist zunächst auch offensichtlich: Wer sich beispielsweise wegen einer fahrlässigen Körperverletzung außerhalb des Straßenverkehrs strafbar gemacht hat, bei dem ist ein Denkzettel für den Straßenverkehr nicht nötig. Er würde somit im Vergleich härter bestraft und eigentlich neben der Sache sanktioniert.

Aber bereits nach der aktuellen Gesetzeslage ist bei den „klassischen“ Verkehrsstraftaten auf die Wirkung zu achten, die sich für den konkret Betroffenen darstellt. Eine sogenannte unbillige Härte darf auch eine Nebenstrafe oder Maßregel nicht sein. Hier stellt sich jedenfalls auch wieder die Frage, ob beispielsweise ein faktisch nicht vorhandener öffentlicher Nahverkehr die gesamte Lebensführung einschränkt. Liegt ein solcher Fall vor, muss das Gericht das in seine Sanktionswürdigung einbeziehen. Damit Sie dabei Gehör geschenkt bekommen, sind Sie mit einem spezialisierten Rechtsanwalt gut beraten.

Dr. Wolfgang Staudinger