Seit 2010 normiert die Straßenverkehrsordnung eine situationsabhängige Winterreifenpflicht. Danach darf ein Kraftfahrzeug bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis – oder Reifglätte nur mit M & S – Reifen gefahren werden. Doch welche Konsequenzen drohen, v.a. wenn es aufgrund einer unzureichenden Bereifung zu einem Verkehrsunfall kommt?
Zunächst handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die gemäß Bußgeldkatalog eine Strafe von 60 € bis 120 € sowie einem Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg nach sich zieht. Doch damit nicht genug. Kommt es zum Unfall, weckt ein Verstoß gegen die Winterreifenpflicht auch das Interesse der Versicherer.
Nimmt der Betroffene bezüglich des Schadens am eigenen Fahrzeug seine Kaskoversicherung in Anspruch, wird diese eine grobe Fahrlässigkeit bezüglich der Herbeiführung des Unfalles prüfen und ggf. die Schadenssumme entsprechend des Grades des Verschuldens kürzen. Dies nicht immer zu Recht. Gerade weil die Straßenverkehrsordnung keinen konkreten Zeitrahmen bezüglich der Winterreifenpflicht vorgibt, reicht wechselhaftes Wetter regelmäßig noch nicht für die Annahme grober Fahrlässigkeit aus. Allein Temperaturen im Minusbereich sowie Schneefall an den vorangegangenen Tagen erfüllen die Voraussetzungen ebenso regelmäßig noch nicht. Anders verhält es sich z.B., wenn der Versicherungsnehmer im Winter in einem Skigebiet mit Sommerreifen einen Unfall verursacht.
Die eigene Kraftfahrthaftpflichtversicherung dagegen wird zunächst den Schaden des Unfallgegners im Rahmen der Haftung regulieren. Allerdings wird auch insoweit nunmehr versucht, sich beim eigenen Versicherungsnehmer im Wege des Regresses schadlos zu halten. Dies vor dem Hintergrund, dass er aufgrund des Verstoßes gegen die Winterreifenpflicht den Unfall (mit –) verursacht hat. Das Amtsgericht Mannheim (3 C 308/14) hat einem entsprechenden Begehren eines Kraftfahrthaftpflichtversicherers jüngst eine Absage erteilt. Zwar kann die unterlassene Nutzung von Winterreifen eine Gefahrerhöhung darstellen, allerdings ist hierfür ein „gewisser Dauerzustand“ erforderlich. Es müssen also längere Strecken gefahren worden sein bzw. die Nutzung für einen längeren Zeitraum angedauert haben. Das konnte der Versicherer nicht beweisen.
Das Amtsgericht beschäftigt sich dann auch noch mit der Frage, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Hierauf kommt es jedoch in der Haftpflichtversicherung grundsätzlich nicht an, da in dieser Sparte nur Vorsatz bzgl. Unfall und Folgen schädlich ist. Damit genügt auch der vorsätzliche Verstoß gegen die Winterreifenpflicht noch nicht, da der Versicherte in der Regel hofft, dass „es schon gut gehen wird“.
Dennoch drohen erhebliche Nachteile jenseits des Bußgeldkatalogs. Die Winterreifenpflicht ist nicht zuletzt mit Blick auf die Verkehrssicherheit im Interesse aller Verkehrsteilnehmer ernst zu nehmen.
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