Ausschlussfristen im Arbeitsrecht – Fluch oder Segen?

Ausschlussfristen haben im Arbeitsrecht eine zentrale Bedeutung. Ansprüche, die nicht innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfristen korrekt geltend gemacht worden sind, erlöschen, was zu erheblichen finanziellen bzw. rechtlichen Nachteilen führen kann.

Eine Ausschlussfrist ist nicht zu verwechseln mit der gesetzlichen Verjährungsfrist, nach der im Regelfall Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf von 3 Jahren zum Jahresende nicht mehr geltend gemacht werden können. Eine gesetzliche Regelung für Ausschlussfristen gibt es nicht. Sie werden aber häufig in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen verwendet. Sie sind deutlich kürzer als Verjährungsfristen.

Damit Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt werden, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen (sog. „Inhaltskontrolle von Arbeitsvertragsklauseln“), ansonsten sind sie unwirksam. Im Streitfall dürfen die Arbeitsgerichte unzulässige Klauseln nicht auf das zulässige Maß reduzieren. Sie sind („hopp oder top“) entweder gültig oder ungültig. Der Arbeitgeber kann sich dagegen nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm selbst verwendeten Ausschlussfristenregelung berufen.

Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist muss mindestens 3 Monate lang sein. In Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen dürfen auch kürzere Fristen vereinbart werden.

Häufig ist vorgesehen, dass Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden müssen. Solche Schriftformklauseln sind nur noch zulässig, wenn der Arbeitsvertrag vor dem 30.09.2016 abgeschlossen wurde. Seitdem darf nur noch die sogenannte „Textform“ verlangt werden, was z.B. bedeutet, dass die Geltendmachung per E-Mail (anders als bei der Schriftform) ausreicht.

Ausdrücklich ausgenommen sein müssen für Arbeitsverträge ab dem 01.01.2015 Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn oder das Branchenmindestentgelt sowie ganz allgemein gesetzliche Ansprüche, auf die in Formulararbeitsverträgen nicht verzichtet werden kann (z.B. Ansprüche wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit). Auch die Haftung wegen Vorsatzes darf nicht ausgeschlossen sein. Schließlich ist es unzulässig, den Fristbeginn ausschließlich an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu knüpfen.

Das Bundesarbeitsgericht legt bei der Wirksamkeitsprüfung solcher Klauseln einen strengen Maßstab an, wie z. B. der aktuellen Entscheidung vom 09.03.2021 (Az. 9 AZR 323/20) entnommen werden kann.

Manche Klauseln sind zweistufig ausgestaltet, d. h. zunächst muss der Anspruch in der 1. Stufe außergerichtlich gegenüber der Vertragspartei geltend gemacht werden, bei Erfolglosigkeit sodann innerhalb einer weiteren Frist durch Erhebung einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Hier ist also doppelte Vorsicht angeraten.

Der Arbeitgeber kann durch die Verwendung zulässiger Klauseln sein Haftungsrisiko im Ergebnis auf 3 Monate beschränken. Der Arbeitnehmer muss achtsam und sorgfältig sein. Wer meint, dass der Arbeitgeber ihm noch Geld oder anderes schuldet, darf nicht zu lange warten und muss seine Ansprüche form- und fristgerecht geltend.

Harald Schwarz
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