Paukenschlag: Europäischer Gerichtshof erklärt Widerrufsbelehrung in vielen Kreditverträgen für unwirksam!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkt in einer aktuellen Entscheidung die Verbraucherrechte bei Abschluss von Darlehensverträgen und ändert die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Bei einer Vielzahl von Darlehensverträgen, die Verbraucher ab dem 11. Juni 2010 geschlossen haben, sind demnach unwirksame Widerrufsbelehrungen zugrunde gelegt worden. Dies hat zur Folge, dass Verbraucher als Darlehensnehmer die Verträge noch heute widerrufen können.

Widerrufsjoker für Verbraucher

Vor dem Hintergrund der günstigen Zinsentwicklung in den letzten Jahren, wird ein Widerruf für den Verbraucher erhebliche wirtschaftliche Vorteile bieten.

Das Urteil

Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. März 2020 (Az. C-66/19) lag ein Rechtsstreit eines Immobilienkreditnehmers zugrunde. Die Richter erklärten die Widerrufsbelehrung in dem vorgelegten Darlehensvertrag für unvereinbar mit dem europäischem Recht und gaben dem Verbraucher recht.

2016 ist die EU-Kreditrichtlinie 2008/48 in Kraft getreten, die vorschreibt, dass Verbraucher, die Darlehensverträge abschließen in „klarer, prägnanter Form“ zu informieren sind. Für den Verbraucher muss klar ersichtlich sein, wie sich die Widerrufsfrist berechnet und wann sie konkret beginnt.

Verweis auf Vorschriften reicht nicht!

In dem zu entscheidenden Fall sah der Darlehensvertrag, der im Jahr 2012 geschlossen wurde, eine Widerrufsfrist von 14 Tagen vor. Der Verbraucher widerrief seine Vertragserklärung erst 2016 und begründete dies damit, dass er nicht wirksam über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt worden war.

Die Richter gaben dem Verbraucher recht. In der Widerrufsbelehrung, die dem Vertrag zu Grunde lag, wurde auf eine Rechtsvorschrift verwiesen, die wiederum auf weitere Vorschriften verwies. Eine solcher Verweis sei für den Verbraucher nicht verständlich, so die Richter. Der Verbraucher könne bei solchen Verweisen nicht den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung nachvollziehen und nicht selbst prüfen, wann die Widerrufsfrist für ihn beginnt.

Ist der Verbraucher aber nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden, so kann er noch Jahre später, d. h. nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist den Darlehensvertrag widerrufen.

Jede Art von Verbraucherdarlehen kann betroffen sein!

Wer zwischen 2010 und 2016 als Verbraucher einen Darlehensvertrag geschlossen hat – unabhängig davon, ob er eine Immobilie finanziert hat, ein Fahrzeug finanziert hat oder den Darlehensvertrag für andere Zwecke abgeschlossen hat – sollte prüfen lassen, ob er die Möglichkeit hat, den Vertrag zu widerrufen.

Für den Verbraucher bietet sich so die Chance, den alten Darlehensvertrag rückabzuwickeln und erforderlichenfalls einen deutlich günstigeren Darlehensvertrag abzuschließen.